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Exkursion Juli 2024

Waldspaziergang im Museum

Gabriela Oberkofler zeigt dem Kunstverein ihre neue Ausstellung

Vielen Kunstfreundinnen und -freunden der Region ist Gabriela Oberkofler noch dank ihrer Werkschau in der Kunsthalle Göppingen aus dem Jahr 2016 in guter Erinnerung. Aktuell ist die Künstlerin mit Südtiroler Wurzeln Finalistin im Rennen um den Sparda-Kunstpreis und bespielt in diesem Kontext ein gesamtes Stockwerk des Kunstmuseums Stuttgart mit einer Ausstellungs-Installation. Der Kunstverein Göppingen hat darin den perfekten Anlass gesehen, seine alten Kontakte zu Frau Oberkofler aufzufrischen und sich von ihr eine exklusive Führung geben zu lassen.

In der Mitte des Raums: ein Wald aus Lärchenästen, auf denen teils noch Flechten wachsen – Bioindikatoren für ein gesundes Klima. Dass die Fundstücke nicht aus Stuttgart stammen können, liegt auf der Hand. Die Künstlerin, die mit einer großen Besuchergruppe durch die Tür tritt, weiß zu berichten, dass sie tatsächlich eine lange Reise hinter sich haben: Sie selbst hat sie auf über tausend Metern Höhe in den Sarntaler Alpen gesammelt, dem Gebiet nahe Bozen, wo sie ursprünglich zu Hause ist. Nichts davon – darauf legt sie Wert – ist für die Ausstellung abgesägt worden; alles lag schon auf dem Boden, bereit für den Abtransport nach Deutschland.

Das Ideal der Nachhaltigkeit, das aus ihren Worten spricht, findet sich als Thema auch in den filigranen Aquarell- und Tuschezeichnungen wieder, die rundherum über die Außenwände verteilt sind. Eine intakte Natur, so brutal sie in ihren Kreisläufen aus Fressen und Gefressenwerden auch wirken kann, ist für die Südtirolerin Grundlage eines ausgewogenen menschlichen Lebens: Bedingung für den Fortbestand der Zivilisation. Entsprechend krabbeln, schleichen, huschen und schwirren ganze Ökosysteme durch ihre Werke, zusammengesetzt aus Abertausenden millimeterkleinen Punkten, die Gabriela Oberkofler dicht an dicht aufs Papier tupft, um damit in viel Fleißarbeit riesige Flächen zu füllen. Ihre pointillistisch hingehauchten Wild- oder Nutztiere, Bäume, Moose und Wurzelgeflechte machen oft den Eindruck, als könnte sie schon die leiseste Brise davonwehen – und werden so zu Symbolen für die Zerbrechlichkeit komplexer Naturräume.

Die Gäste aus Göppingen tauchen tief in die Grafiken ein, die sich über die Rahmen hinweg auf die Wand ausdehnen und zusammen mit den Fundstücken sowie ergänzenden Holzarbeiten ein großes Ganzes bilden: eine künstlerisch durchkomponierte Landschaftsinsel inmitten der Stadt. Beeindruckend nicht nur die technische Perfektion, in der die Künstlerin sich über die Jahre einen unverwechselbaren Stil geschaffen hat, sondern genauso auch ihr Vortrag, mit dem sie die Zuhörenden auf eine sehr persönliche Wanderung durch ihre Welten schickt. Ehe der Nachmittag auf der Terrasse des Museumscafés ausklingt, ist ein Abstecher zur Kasse fast schon Pflicht: Die Stimmzettel, die dort bereitliegen, werden in Kürze darüber entscheiden, welcher der Finalisten – oder welche Finalistin – den Publikumspreis erhält. Liebe Gabriela, der Kunstverein drückt die Daumen!

Mehr Informationen:

Führung von Gabriela Oberkofler
Ausstellung: A Piece of (Wild)Life
Sparda-Kunstpreis KUBUS
im Kunstmuseum Stuttgart

Datum:
Sonntag, 07. Juli 2024

Sparda-Kunstpreis KUBUS
09.05.2024 – 25.08.2024
kunstmuseum-stuttgart.de

A Piece of (Wild) Life
gabrielaoberkofler.de

Ein Artikel von:
Kai Bleifuß

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