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Exkursion Mai 2024

Große Werke, weit draußen

Kunstverein Göppingen besucht die Sammlung Klein

Eine Besonderheit der baden-württembergischen Kulturlandschaft ist die hohe Dichte an exquisiten Privatmuseen. Gegründet meist aus einem Wirtschaftsunternehmen heraus, dessen Erträge die finanzielle Grundlage einer Kunstsammlung bildeten, sind sie als Institution und Gebäude entstanden, um die wachsende Zahl angekaufter Werke der Öffentlichkeit präsentieren zu können. Oft ist der nächste Schritt ein regulärer Museumsbetrieb mit Wechselausstellungen und Begleitveranstaltungen. Eines der schönsten Exemplare bildet die Sammlung Klein im beschaulichen Nussdorf, die nun Besuch vom Kunstverein Göppingen bekommen hat.

Auf Landstraßen geht es durch kleine Dörfer und viel Natur, über der beinah skulpturale Wolken schweben. Wenn man’s nicht besser wüsste, käme man nie auf die Idee, dass der Weg direkt vor die Türen einer bekannten Kulturinstitution führt. Und doch taucht die Kultur zuverlässig auf: Mitten zwischen den Zweckbauten eines Gewerbegebiets erhebt sich das sogenannte „KUNSTWERK“, ein Zweiklang aus zeitgenössischer Architektur und den Exponaten, die sie beherbergt. Direkt neben dem Foyer, für alle Eintretenden gut sichtbar: das Büro von Valeria Waibel, der alleinigen Kuratorin und Kunstvermittlerin vor Ort. Auch die Gäste aus Göppingen werden persönlich von ihr begrüßt, um dann unter ihrer Regie die Schauräume zu betreten.

Die aktuelle Ausstellung „In der Tiefe. Hell“ verbindet fünf künstlerische Positionen, zwischen denen auf jedem der drei Stockwerke unterschiedliche Dialoge entstehen. Vieles ist als Leihgabe im Haus, Einzelnes wird als Bestandteil der Sammlung in Nussdorf bleiben. Die Besuchergruppe erfährt, dass die Grundidee noch auf Peter Klein höchstselbst zurückgeht, den im Herbst 2023 verstorbenen Unternehmer, der gemeinsam mit seiner Frau Alison veritable 2350 Bilder, Objekte, Grafiken, Videos und Fotografien zusammentrug.

Dass der Spiritus rector nach wie vor präsent bleibt, dafür sorgen auch die sympathisch-skurrilen Anekdoten, die den Rundgang begleiten. So soll Herr Klein ganz am Anfang seiner Sammeltätigkeit noch versucht haben, dem Wahnsinn des Kunstmarkts mit ökonomischer Logik auf die Spur zu kommen: Lässt sich der (womöglich astronomische) Preis eines Bildes vielleicht am Materialwert bemessen? An der Quadratmeterzahl? Doch freilich kam sehr schnell die Einsicht, dass er mit seinem Ansatz auf dem Holzweg war. Erfolgreicher gestaltete sich ein Galeriebesuch in den USA, von dem er als stolzer Besitzer von sage und schreibe 68 Werken des Fotografen Edward Curtis zurückkehrte, eines Porträtisten der amerikanischen Urbevölkerung – was Kuratorin Waibel ganz spontan den Auftrag einbrachte, eine Ausstellung zum Thema „Indigene“ zu gestalten.

Heute ist davon im Museum nichts mehr zu sehen. Heute treffen filigrane Objekte aus Pflanzensamen auf schwergewichtige Malerei und wimmelbildartige Zeichnungen auf heitere Farbfelder. Im Ganzen: ein Konzept, das sicher nicht nur die Gäste aus Göppingen überzeugt. Notiz an alle Großstädter: Will man in der sogenannten Provinz Kunst erleben, muss man nicht erst wieder einen Tag abwarten, an dem die Wolken skulpturale Formen haben.

Mehr Informationen:

Besuch KUNSTWERK
Sammlung Klein
Siemensstraße 40
71735 Eberdingen-Nussdorf

Datum:
Samstag, 15. Mai 202,
14.00 Uhr & 15.15 Uhr

Website:
sammlung-klein.de

Ein Artikel von:
Kai Bleifuß

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