Exkursion Oktober 2024
Drei auf einen Streich
„Ausstellungs-Hopping“ in Künzelsau
Die Mischung macht’s: Das gilt für die Exkursionsplanung des Kunstvereins Göppingen genauso wie für das Programm vieler Ausstellungshäuser. Bei einer Tour durch die Würth-Museen in Künzelsau galt beides zugleich: In drei Ausstellungen, die Werke von so unterschiedlichen Künstlern wie Anselm Kiefer, Ugo Rondinone und Eduardo Chillida boten, bekam eine Besuchergruppe aus der Hohenstaufenstadt die ganze Fülle der modernen und postmodernen Kunst zu sehen.
Die Würth-Museen, zwei der vielen kulturellen Leuchtturmprojekte des gleichnamigen Schraubenmagnaten, liegen fernab der größeren Städte in der Hügellandschaft von Hohenlohe. Den Trumpf einer idyllischen Umgebung spielen sie vor allem draußen im Skulpturenpark aus, wo derzeit eine Art neuzeitliches Stonehenge besichtigt werden kann. Zwölf riesige Aluminiumköpfe auf der grünen Wiese, stellvertretend für die zwölf Monate, bilden einen Kreis von beinah mystischer Ausstrahlungskraft. Und brechen diesen Eindruck doch sofort wieder auf, indem sie ihre Bewunderer teils mit imposanten Haifischzähnen angrinsen; ihre Formensprache unverkennbar zeitgenössisch, irgendwo zwischen Karikatur und Geisterbahn. Geschaffen hat sie der Schweizer Bildhauer Ugo Rondinone, der kürzlich in Künzelsau mit dem Robert-Jacobsen-Preis geehrt wurde und sich in seinen Werken oft ironisch mit Zeit, Raum und diversen Naturphänomenen auseinandersetzt.
Das Kontrastprogramm findet sich im benachbarten Museumsbau, wo die Ausstellung „Terrific. Faszination Sammlung Würth“ mit einem Raum voller großformatiger Arbeiten von Anselm Kiefer aufwartet. Gemalte düstere Wälder und apokalyptische Landschaften verweisen bezugreich auf die Abgründe deutscher Geschichte. Die Gäste aus Göppingen lernen bei einer Führung spannende Hintergründe kennen. Etwa, dass Kiefers überdimensionale Bleibücher aus Material geschaffen wurden, das ursprünglich im Dach des Kölner Doms verbaut war: in den Augen des Meisters ein Werkstoff, der bis heute spirituell aufgeladen ist. Dass aus einem dieser Objekte nach seiner Anlieferung in Künzelsau ein quicklebendiger Salamander gekrochen kam, offenbar als blinder Passagier aus Kiefers Wahlheimat Südfrankreich eingereist, ergänzt die kunsttheoretischen Fakten um eine zusätzliche Komponente.
Zum Abschluss der Tour – fünfhundert Meter weiter im nächsten Gebäude – kommen zwei Bildhauer in den Fokus, die das zwanzigste Jahrhundert wesentlich mitgeprägt haben: der Brite Anthony Caro und der Baske Eduardo Chillida, der zunächst als Torwart Karriere machte, ehe er den Raum nicht mehr zwischen Torpfosten, sondern durch seine Plastiken erkundete.
Als die Kunstvereinsgruppe schließlich auseinander- und auf die wartenden Autos zugeht, machen sich schon erste Anzeichen der Dämmerung bemerkbar. Man hat es lang ausgehalten in Künzelsau. Kein Wunder – wurden dort doch allermindestens drei verschiedene Welten durchquert.
Mehr Informationen:
Geführte Tour durch das Würth-Museum 2 in Künzelsau
Außerhalb der Führung existierte auch die Möglichkeit, noch einen kleinen Spaziergang zum Würth-Museum 1 zu unternehmen und dort eine exquisite Auswahl an Plastiken und Grafiken von Eduardo Chillida und Anthony Caro anzuschauen
Datum:
Samstag, 26. Oktober 2024
Ein Artikel von:
Kai Bleifuß