Zum Nachholen und Nochmals Genießen:
Der Jahresgaben-Adventskalender 2024
Dieses Jahr gab es im Adventskalender des Kunstvereins keine traditionellen Überraschungen wie Schokolade, sondern eine besondere Vorstellung ausgewählter Jahresgaben, die vergangene Ausstellungen begleitet haben.
Diese Jahresgaben spiegeln die Vielfalt der eingeladenen Künstlerinnen und Künstler wider. Jeden Tag wurde ein Werk aus den Archiven des Kunstvereins präsentiert, wobei einige Werke noch relativ neu sind, während andere vielleicht schon fast vergessen sind.
Die Jahresgaben haben den Vorteil, dass sie nicht nur als Erinnerung an die Ausstellungen dienen, sondern auch erworben werden können, sodass man sie zu Hause genießen kann.
Doch nicht alle folgen dem Kunstverein Göppingen in den sozialen Medien (warum eigentlich nicht?). Deshalb stellen wir hier für alle Besucherinnen und Besucher unserer Website den Jahresgaben-Adventskalender zum Nachschauen bereit. Viel Spaß beim Stöbern und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Kunstverein Göppingen e. V.
Bernd Halbherr, „Downtown“
Welche Ecke Göppingens ist hier wohl zu sehen? Wer in unserer Stadt spazierengeht, ist vielleicht schon durch Bernd Halbherrs Spiegelobjekte irritiert worden, die ungewöhnliche Blicke auf ihre Umgebung ermöglichen. Auch diese miniaturhafte Litfaßsäule tut sicher nicht das, was man gemeinhin von einem Werbeträger erwarten würde.
Bastian Muhr, „Shed Cowboy“
Viele werden noch in guter Erinnerung haben, wie Bastian Muhr, sich auf Knien vorwärtsbewegend, den gesamten Boden der Kunsthalle mit einer netzartigen Zeichnung bedeckt hat. Inspiriert war sein Muster vom Sheddach des Museumsgebäudes, das sich auch im Gesicht seines „Shed Cowboys“ wiederfindet.
Iris Andraschek, „Sapun Ghar“
Mit ihrem künstlerischen Großprojekt „Sapun Ghar“ ehrt die Wienerin Iris Andraschek die traditionellen Seifensieder von Aleppo, die durch den syrischen Bürgerkrieg in eine mehr als prekäre Lage geraten sind. Neben Videos rund um die Lorbeerseifenproduktion zeigte sie 2022 ein riesiges 3D-Panorama vom Bazar in Aleppo, aufgebaut aus 4000 Seifenblöcken.
Mario Rott, „swimmer#3“
Mario Rott, selbst professioneller Schwimmer und Apnoetaucher, ist dem Medium Wasser eng verbunden. Dabei stammt er ursprünglich aus Tirol, wo er seine Leidenschaft für die Tiefe zunächst nur in Bergseen ausleben konnte. Auch im künstlerischen Bereich spielt das nasse Element für ihn die zentrale Rolle, verkörpert es doch gleichermaßen Schönheit und Gefahr.
Simone Demandt, „Gerät_05“
Vielleicht erst mal einordnen. Was ist das für ein Ding? Aus welchem Bereich kommt es? Wenn wir es dann in der „Technik“-Schublade untergebracht haben, Teilbereich „Autoscheinwerfer“, taucht gleich die nächste Frage auf: Warum liegt das Ding so fotogen auf einem Stoff mit Dschungelmuster? Simone Demandt zelebriert und verfremdet das Alltägliche, das in Form des Autos auch leicht zum Fetisch werden kann.
Stefan Strumbel, „Das kalte Herz“
Wer durch den Göppinger Oberhofenpark spaziert, wird dort auf einer Wiese eine ebenso monströse wie ästhetische Stahlplastik antreffen: das „Kalte Herz“ des Schwarzwälder Bildhauers Stefan Strumbel. Dieses will uns in die Welt von Wilhelm Hauff entführen, der 1827 sein gleichnamiges Märchen publizierte. Auch in klein auf Tonpapier weiß Strumbels Arbeit mit ihrer Monumentalität zu beeindrucken.
Jürgen Schön, o. T.
Um die Kunstvereinsausstellung von Jürgen Schön zu sehen, müssten wir mittlerweile schon richtig weit in der Zeit zurückreisen, nämlich bis ins Jahr 2003. Die Plastiken aus leimgetränktem Papier, die man damals bewundern konnte, schienen in der Schwebe zwischen Architektur und Objekt, Fläche und Raum – genau wie dieses grafische Werk, das sich als Alternative anbietet, solang Zeitreisen noch nicht erfunden sind.
Akademie der Bildenden Künste Nürnberg, „Pingo Penge“
Hinter dieser Arbeit verbirgt sich a) eine Kooperation zwischen der Künstlerin und Kunstprofessorin Simone Decker, ihren StudentInnen und dem Kunstverein sowie b) ein Geheimnis. Nur wer sich im Besitz des hier abgebildeten Künstlerbuchs befindet, darf die Plastikhülle, in die es eingeschweißt ist, öffnen. Was wird dann zum Vorschein kommen? Ein Katalog der Bibliothek von Alexandria? Ein Lageplan des Bernsteinzimmers?
Arjan van Helmond, „Cactus (Afternoon)“
Noch im Februar des laufenden Jahres zeigte der Kunstverein Göppingen eine Ausstellung voller mysteriöser Räume und Gegenstände, aber – vom Publikum abgesehen – ohne einen einzigen Menschen. Die Werke des Amsterdamer Malers Arjan van Helmond präsentieren die Welt, in der wir uns bewegen, als einen rätselhaften Ort, der jeden Moment mit überraschenden Ereignissen aufwarten kann.
Kathleen Jahn, „Songlines“
Bei Frühlingswanderungen auf der Schwäbischen Alb kann man bisweilen seltsame Liniennetze am Boden finden: Gänge, die von Mäusen unter den frisch weggeschmolzenen Schnee gegraben wurden. Man kann aber auch auf die Künstlerin Kathleen Jahn treffen, die genau solche Strukturen fotografiert. Bei ihr werden sie zu musikalischen Partituren, wenn die Anordnung der Linien mit bestimmten Tonhöhen und Tempi korrespondiert.
Georg Winter, „Ukiyo Camera Systems“
Dieses formvollendete Objekt gehört zum Label „Ukiyo Camera Systems“, benannt nach dem japanischen Wort für das Fließen der Zeit. Georg Winters Kameras zeichnen sich dadurch aus, dass keine von ihnen im klassischen Sinn funktioniert. Wie sollten sie auch, wenn sie doch im Wesentlichen aus Holz bestehen? Umso wichtiger wird der Mensch hinter der Kamera, genau wie die Bilder, die nicht im Apparat, sondern im Kopf entstehen.
Johanna Diehl, „Sisklipos / Alcicek, Cyprus (North)“
Die Fotografin Johanna Diehl hat eine große Serie von Aufnahmen alter Gebäude in mehreren Ländern geschaffen. Wesentliche Gemeinsamkeit: Alle Bauwerke dienen aufgrund historischer Verwerfungen und Konflikte nicht mehr ihrem ursprünglichen Zweck. So geht es etwa dieser ehemaligen Kirche, die heute im muslimisch geprägten Nordzypern steht. Doch auch als Ruine zeigt sie einen ganz besonderen Charme.
Jan Köchermann, „Frasseks Raumsammler“
Ein landwirtschaftliches Fahrzeug aus DDR-Zeiten, mit einem grammofonartigen Aufbau bestückt: Das ist „Frasseks Raumsammler“, eine Schöpfung des Hamburgers Jan Köchermann. Historischer Hintergrund ist die Geschichte Hubertus M. Frasseks, eines ostdeutschen Forschers, der von der Existenz mikroskopisch kleiner Schwarzer Löcher überzeugt war. Auf der künstlerischen Suche nach dem Unfindbaren hat Köchermann 2019 mit einem Team des Kunstvereins die Schwäbische Alb unsicher gemacht. Immer mit dabei: der Raumsammler, den diese fotografische Komposition „in action“ zeigt.
Wasa Marjanov, „Modulor, der räumliche Traumtänzer“
Beinah schwerelos scheint die Gliederpuppe im Raum zu schweben – in einer Umgebung, die an Konstruktivismus und Bauhaus erinnert. Auch der Name „Modulor“ weckt entsprechende Assoziationen, geht er doch zurück auf ein am menschlichen Körper orientiertes Maßsystem von Le Corbusier. Wird Wasa Marjanovs Tänzer, wird der Mensch sich auf Dauer in der Luft halten können?
Martin Schneider, „Floß / Zelt“
Wer kennt sie nicht, die beklemmenden Bilder von Menschen auf der Flucht, die in nusschalenartigen Booten übers Meer treiben? Bei Martin Schneider ist der Mensch abhanden gekommen, das Motiv beinah aufs Spielzeughafte reduziert. Und trotzdem können wir im 21. Jahrhundert nicht umhin, die bösen Nachrichten mitzudenken, die täglich über den Fernseher flimmern.
Corinna Schnitt, „April 2004“
Corinna Schnitt ist hauptsächlich als Filmemacherin bekannt, die für ihre künstlerischen Videos auch mal eine Rotte Haus- und Bauernhoftiere ein Wohnzimmer zerlegen lässt. Der Kunstverein hat ein grafisches Einzelstück ausgegraben, das wohl die Wenigsten so ganz spontan mit dem Oeuvre der Künstlerin verbinden würden.
Klaus Heider, „Kunst“
Nur postkartenklein und doch vom Meister höchstselbst mit einem weiten zweifarbigen Horizont ausgestattet: So präsentiert sich die Arbeit „Kunst“ von Klaus Heider, geboren 1936 in Göppingen, der im Lauf seiner Karriere oft und eng mit dem Kunstverein wie auch der Kunsthalle zusammengearbeitet hat. Der große Bruder seiner Miniatur ist bis heute an einer Außenwand des Technischen Rathauses zu sehen.
Silke Wagner, „A Work is a Work is a Work“
Was macht eine künstlerische Arbeit aus? Ihr Schaffensprozess? Ihre Aufnahme durch das Publikum? Es könnte auch der Stil sein oder der Inhalt oder seine unbeachtete Rückseite. Gertrude Stein wüsste bestimmt eine gute Antwort, doch wir können sie nicht mehr fragen. Dafür liefert Silke Wagner eine ganz eigene ästhetische Interpretation.
Iris Andraschek, o. T.
Die gezähmte Natur im Aquarium wird bei Iris Andraschek zu einer unheimlichen „twilight zone“. Statt Fischen findet man in ihren Wasserbehältern Plastiktüten, die sich mit der Strömung bewegen, oder eine rollende Stahlkugel, die bei jedem Zusammenprall mit dem Glas einen Knall erzeugt. Hintergrund ist der Zustand der Weltmeere, die ja längst auch nicht mehr nur Fische, Muscheln und Salz enthalten. Auf dem Foto, das gleichzeitig als Jahresgabe fungierte, scheint von dem Wasser ein rätselhaftes Glühen auszugehen.
Rosalie, „Flossi“
Man stelle sich ganze Scharen von großhändigen und -füßigen Figuren vor, die an Gebäudefassaden emporklettern. Diese Vision der Stuttgarter Künstlerin Rosalie ist mehrfach Wirklichkeit – und Flossi dadurch zu einer ikonischen Figur geworden. In kleineren Dimensionen erklimmt diese auch immer wieder die Wände von Wohnzimmern kunstbegeisterter Menschen.
Nasan Tur, „Schalung“
Der Künstler und Documenta-Teilnehmer Nasan Tur wurde 2017 vom Kunstverein dazu eingeladen, eine Aktion im öffentlichen Raum durchzuführen. Bei einem Spaziergang durch Göppingen wurde er auf ein Soldatendenkmal aufmerksam, das seit der Nazizeit quasi unberührt im Park steht. Seine Antwort darauf war und ist bis heute eine hölzerne Kiste, die aufgrund ihrer Form und Größe in der Lage wäre, die beiden Krieger des Denkmals komplett zu „verschlucken“. Wem die theoretische Beschreibung nicht reicht, betrachte einfach die vorliegende Jahresgabe …
Jan Köchermann, „Dead End Lopes“
Jan Köchermanns Miniaturräume, oft als Guckkästen gestaltet, geben Einblick in untergegangene DDR-Wohnzimmer, bedrohliche Keller und sonstige geheimnisvolle Orte. Auch hier verweisen die Objekte – Röhrenfernseher, alter Teppich – auf Vergangenes: nicht zuletzt auf die große Ausstellung des Künstlers, die 2010 in Göppingen stattgefunden hat.
Alexandra Ranner, „Special Edition Nr. I“
Kurz vor Mitternacht in der Wüste von Arizona. Der Lichtkegel des Einsatzfahrzeugs erfasst ein nur scheinbar verlassenes Gebäude. Gleich wird der Zugriff stattfinden. – Oder etwa doch nicht? Bevor mit uns die Pferde durchgehen, muss festgehalten werden: Auch wir haben keine Ahnung, was genau sich die Künstlerin bei der Bildkomposition gedacht hat. Aber ist ihr Szenario nicht wunderbar vieldeutig? Ein Raum für tausend Geschichten.
Cornelius Völker, „Handtasche“
Sympathisch? Freundlich? Nett und offen? Oder desinteressiert, abweisend, vielleicht einfach mit dem falschen Fuß aufgestanden? Wer kann schon etwas über einen Menschen sagen, wenn man das Gesicht nicht sieht? Cornelius Völkers Kopflose tritt den schlagenden Beweis an, dass wir im Kern doch Optimistinnen und Optimisten sind. Denn natürlich hoffen wir, dass die Dargestellte uns gewogen ist; und kann sie uns in ihrer Tasche nicht auch etwas Schönes mitgebracht haben?
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